Denkvoraussetzungen und die historisch-kritische Methode

Bei der sog. historisch-kritischen Methode geht man von dem Grundansatz aus, dass die Bibel so zu behandeln ist, als wäre sie nicht Gottes Wort, sondern ein Dokument wie jedes andere. 

1. Willkürliche Setzung des Anti-Supranaturalismus  

Hier setzt man willkürlich schon eine ganz bestimmte Sichtweise als DIE Standardposition voraus, die alles Übernatürliche von vornherein ausschließt: Wunder, Prophetie, Inspiration usw. Das ist nichts anderes als Anti-Supranaturalismus. Supranaturalismus ist der Glaube an das Übernatürliche, an ein die erfahrbaren Dinge bestimmendes übernatürliches Prinzip.

 

Eine Weltanschauung bestimmt aber nicht nur die Deutung jeden Faktes, sondern auch, was überhaupt einen Fakt begründet (konstituiert). Daher verwundert es ja auch nicht, wenn die Deutung dann z.B. folgendermaßen abläuft:

a) Der Herr Jesus sagt in Form einer Prophetie die Zerstörung Jerusalems voraus.

b) Jerusalem wurde 70 n.Chr. zerstört.

c) Es gibt keine Prophetie (Anti-Supranaturalismus).

Schlussfolgerung: Es handelt sich um keine echte Prophezeiung, keine echte Aussage Jesu, sondern um einen nach 70 n.Chr. eingefügten Einschub und darum sind die Evangelien auch auf nach 70 n.Chr. zu datieren (oder zumindest der besagte Abschnitt).

 

Nun hängt aber alles von der Wahrheit der Prämisse c) ab. Die Weltanschauung bestimmt, wie man die Belege/ Daten deutet. Man kann das ganze auch genauso gut folgendermaßen aussehen lassen:

a) Der Herr Jesus sagt in Form einer Prophetie die Zerstörung Jerusalems voraus.

b) Jerusalem wurde 70 n.Chr. zerstört.

c) Es gibt Prophetie (Supranaturalismus).

Schlussfolgerung: Es handelt sich um eine echte Prophezeiung, eine echte Aussage Jesu, die vor 70 n.Chr. verfasst wurde und die Evangelien sind auf vor 70 n.Chr. zu datieren.

2. Kritik des anti-supranaturalistischen Ansatzes

Die Kritik ist die gleiche, wie bei jedem anderen Ansatz, der die Bibel nicht als das annimmt, was sie selbst zu sein bezeugt, nämlich bis ins einzelne Wort inspirierte Offenbarung Gottes (1Kor 2,6-13; 2Petr 1,21; 2Tim 3,16). 

Wer die Bibel als Selbstoffenbarung Gottes ablehnt, der hat keine Grundlage für Wahrheit und Wissen (Joh 14,6; 17,17 und Spr 1,7; Kol 2,3) und seine Sicht führt sich früher oder später zwangsläufig selbst ad absurdum. Sie macht in ihrer Konsequenz Wahrheit und Wissen unmöglich. Die Bibel ist selbst-bestätigendes und selbst-beglaubigendes Wort Gottes.

 

In dem Augenblick, wo jemand anfängt, entscheiden zu wollen, was wahr ist in der Bibel und was nicht, setzt er selbstgewählte Kriterien und Maßstäbe an. Das sind Kriterien und Maßstäbe, die er aus sich, als endlicher und fehlerbehafteter Mensch, selbst geschöpft hat. Der anti-supranaturalistische Ansatz z.B. ist so ein Kriterium und Maßstab. Der Mensch erhebt sich auf diese Weise zum Richter darüber, was wahr ist und was nicht, und somit zur Quelle der Wahrheit selbst. Der Mensch kann aber unmöglich als Richter oder Quelle der Wahrheit dienen noch als Maß der Dinge, weil er selbst nur eine rein subjektive Sicht der Dinge hat.

 

Entscheidend bei dem Beispiel oben ist: Die Schlussfolgerung, dass die Prophetie des Herrn nicht echt sei usw., ist nicht der Grund, der Ablehnung der Bibel als Wort Gottes, sondern Ausdruck und Folge der Ablehnung der Bibel als Wort Gottes.

 

Ein weiteres Beispiel wäre: Jemand wollte eine vernünftige Erklärung haben, wie im Buch Josua die Sonne stehen bleiben konnte. Mit anderen Worten heißt das, er glaubt nicht, dass die Bibel wahr ist, weil dort Dinge stehen, die nicht möglich sind. Schließlich dreht sich die Erde um die Sonne und wenn man die Erde anhalten würde, hätte es tödliche Konsequenzen für die Menschen auf der Erde usw. Ich habe ihn einfach gefragt, ob ein allmächtiger Gott dieses Wunder vollbringen könnte. Er hat etwas polemisch geantwortet, es aber letztendlich bestätigt. Mein knapper Kommentar war: „Dann ist dieser Einwand nicht der Grund deiner Ablehnung Gottes, sondern der Ausdruck deiner Ablehnung Gottes."

 

Die Frage ist einfach, woher der Bibelkritiker weiß, dass seine Kriterien und Maßstäbe zu wahren Schlüssen führen, wenn er die einzige Quelle der Wahrheit ablehnt, nämlich die Offenbarung Gottes. Der Gott, der sich in den Schriften der Bibel offenbart hat, ist die unabdingbare Voraussetzung zur Verständlichkeit (Intelligibilität) des Universums. Wer Ihn und Seine Offenbarung ablehnt, verliert jegliche Grundlage für Wahrheit, Wissen, Gesetze der Logik, objektive moralische Werte und die Gesetzmäßigkeit der Natur.


Der Beweis Gottes und der Wahrheit der Bibel sind somit, dass es ohne Gott und Seiner biblischen Offenbarung keine Beweise gibt.

 

Mit anderen Worten: Wer Gott ablehnt, der verliert die Möglichkeit irgendetwas zu irgendeinem Grad der Wahrscheinlichkeit wirklich wissen zu können, denn Gott ist die unabdingbare Grundvoraussetzung zur Intelligibilität, zur Verständlichkeit des Universums.

 

Josef Dražil

Letzte Änderung  18.08.2016