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Die Überlieferung - ein zweischneidiges Schwert für RKK-Polemiker

Römisch-katholische Polemiker beziehen sich gerne auf folgende Stellen:

Thessalonicher 2,13

Darum danken wir auch Gott unablässig, dass ihr, als ihr das von uns verkündigte Wort Gottes empfangen habt, es nicht als Menschenwort aufgenommen habt, sondern als das, was es in Wahrheit ist, als Gottes Wort, das auch wirksam ist in euch, die ihr gläubig seid.

 

Thessalonicher 2,15

So steht denn nun fest, ihr Brüder, und haltet fest an den Überlieferungen, die ihr gelehrt worden seid, sei es durch ein Wort oder durch einen Brief von uns.

 

In diesem Zusammenhang ist 2. Thessalonicher 2,5–7 besonders spannend:

Erinnert ihr euch nicht, dass ich dies zu euch sagte, als ich noch bei euch war? Und jetzt wisst ihr, was zurückhält, damit er zu seiner Zeit offenbart wird. Denn schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam; doch nur, bis der, welcher jetzt aufhält, beseitigt wird; 

Paulus sagt, dass er etwas mündlich mitgeteilt hat, was nicht in der Schrift steht und die Thessalonicher wüssten, was oder wer es ist, der zurückhält. Wenige Verse weiter, in 2Thess 2,15, ermahnt er sie, an den Überlieferungen festzuhalten, die sie gelehrt wurden. Das versetzt uns in die spannende Lage, zu testen, ob die römisch-katholischen Ansprüche gerechtfertigt sind und ob Rom behaupten kann, im Besitz des ganzen und unverfälschten Wortes Gottes zu sein.

Hierzu nehmen wir eine Suche auf „Patristic Bible Commentary“ vor, einem patristischen Online-Bibelkommentar: https://sites.google.com/site/aquinasstudybible/home/2-thessalonians/2-thess-q/2-thess-2. Eine tiefer gehende Erforschung kann über die „Church Fathers Scripture Search Engine“ vorgenommen werden: https://www.catholiccrossreference.online/fathers/index.php/2Thess%202:6-7 oder http://mountainman.com.au/essenes/Quest%20for%20the%20Historical%20Antichrist.htm. Für uns reicht aber ersteres vollkommen aus.

Laut dem patristischen Online-Bibelkommentar, übersetzt mit der Vollversion des DeepL-Übersetzungstools, wird zu 2. Thessalonicher 2,6-7 Folgendes ausgeführt:

2:6-7 zurückhält: Severian sagt, dass es der Heilige Geist ist, der einschränkt, während Ishodad von Merv, Theodore von Mopsuestia und Theodoret von Cyrus sagen, dass es Gottes Dekret ist. Johannes Chrysostomus, Haimo, Ambrosiaster, Thietland und Tertullian behaupten, es sei die Herrschaft des Römischen Reiches. Ich bin der Meinung, dass es sich um die Bindung des Teufels handelt, von der wir in Offenbarung 20 lesen. Die Kirchenväter scheinen diese Verbindung nicht herzustellen, aber aus der Sicht eines Amillenialisten scheint sie ziemlich offensichtlich zu sein. Ich setze voraus, dass es einige Gründe gibt, warum die Väter diese Verbindung nicht hergestellt haben; 1) weil einige Väter das Buch der Offenbarung nicht als kanonisch angesehen haben und deshalb diese Passagen nicht miteinander verbunden hätten. 2) Der heilige Augustinus ist derjenige, der sich am frühesten mit Offb. 20 und der Bindung des Teufels beschäftigt hat und deshalb noch nicht weit genug fortgeschritten war, um diese beiden Stellen miteinander zu verbinden. Geheimnis der Gesetzlosigkeit: Einige Ausleger behaupteten, dass Nero als Geheimnis der Gottlosigkeit bezeichnet wird und dass er ein Arbeiter der Gottlosigkeit geworden sei. Im Gegenteil, der Apostel weist auf die Irrlehren hin, die entstanden sind und die Menschen von Gott wegführen. (Theodoret von Cyrus) Oder: Das Geheimnis der Gottlosigkeit begann mit Nero, der in seinem Eifer für den Götzendienst die Apostel auf Betreiben seines Vaters, des Teufels, tötete, und setzte sich fort bis zu Diokletian und zuletzt Julian. (Ambrosiaster) Und dass alle Bösen, die vorher da waren, Zeichen des Antichristen sind. (St. Thomas von Aquin)

  • Severian von Gabala (389 n.Chr.): Der Heilige Geist ist es, der zurückhält.
  • Theodor von Antiochien (ca. 400 n.Chr.): Gottes Beschluss ist es, der zurückhält.
  • Chrysostom (390 n.Chr.): Manche sagen, es ist die Gnade des Heiligen Geistes, andere sagen, es ist das römische Reich.
  • Augustin (ca. 350 n.Chr.): Satan ist es, der zurückhält.
  • The Catholic Encyclopedia: Wir können hier nur die wichtigsten Meinungen über die Bedeutung dieser Klausel auflisten, ohne ihren Wert zu diskutieren.

Wir sehen, dass die selbstbewussten Behauptungen der römisch-katholischen Polemiker bzgl. der Vertrauenswürdigkeit der sog. mündlichen Tradition unter Bezugnahme auf die beiden Thessalonicher-Briefe zu einem Schuss nach hinten wird. 

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