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Heilsgewissheit, Ausharren bis ans Ende und Glaubensabfall

In diesem Artikel möchte ich auf einige Fragen eingehen, die nach meinem letzten Video „Das Performance Evangelium“ aufgekommen sind. Übrigens ist dieses Video jetzt exklusiv für meine Patreon-Unterstützer verfügbar. Ich habe entschieden, dass es angemessener ist, das Thema der Andacht nicht in einem so öffentlichen Rahmen zu diskutieren.

 

Ich hoffe, es nervt dich nicht allzu sehr, falls ich noch immer auf dem Schlauch stehen sollte.

Ich schätze jeden konstruktiven Kommentar, besonders zu diesem wichtigen Thema. Dein Feedback ist mir sehr wichtig. 

du stößt dich also in erster Linie an der falsch verstandenen Gleichsetzung von Kampfpreis und Ewigem Leben (Himmel)? Da wir dem eben mitnichten nachjagen müssen..?

Natürlich, der Kampfpreis ist eine Belohnung für außergewöhnliche Leistungen. Wir sollten diesem Kampfpreis nachstreben, NACHDEM wir bereits errettet wurden. Dies bedeutet, für die Verbreitung des Evangeliums zu arbeiten, aber nicht, um dadurch den Himmel zu erlangen. Die Errettung ist ein unverdientes Geschenk, das wir durch Glauben aus Gnade erhalten, um der ewigen Verdammnis zu entgehen. Der Kampfpreis hingegen ist ein Lohn, den wir im Reich Gottes für unsere Leistungen in Form von Herrschaftspositionen und Herrlichkeit erhalten.
Das griechische Wort βραβεῖον (brabeion) kommt nur noch ein weiteres Mal in der Bibel vor und zwar in 1Kor 9,24. Hier ist der Vers im Kontext: 

1. Korinther 9,23–27 (ELB 2006):

23 Ich tue aber alles um des Evangeliums willen, um an ihm ANTEIL zu bekommen. 24 Wisst ihr nicht, dass die, welche in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber einer den PREIS empfängt? Lauft so, dass ihr ihn erlangt! 25 Jeder aber, der kämpft, ist enthaltsam in allem; jene freilich, damit sie einen vergänglichen SIEGESKRANZ empfangen, wir aber einen unvergänglichen. 26 Ich laufe nun so, nicht wie ins Ungewisse; ich kämpfe so, nicht wie einer, der in die Luft schlägt; 27 sondern ich zerschlage meinen Leib und knechte ihn, damit ich nicht, nachdem ich anderen gepredigt habe, selbst verwerflich (d.h. disqualifiziert) werde. 

Wenn der Kampfpreis der Himmel ist, dann hoffe ich für dich, dass du schneller und ausdauernder als Paulus "laufen" kannst, denn nur einer empfängt diesen (Kampf)Preis laut Vers 24!  ;)
Im Kontext kann man schön sehen, dass es um 1) Anteil haben, 2) Preis gewinnen und 3) Kronen/Kränze geht, die zu besonderen Ehrungen und in besondere Ehrenstellungen versetzen. Das mit dem Erreichen des Himmels gleichzusetzen wäre katastrophal.
In 1 Korinther 9,23-27 verwendet Paulus das griechische Wort βραβεῖον (brabeion), das sich auf einen Preis oder eine Belohnung bezieht, die ein Athlet für seinen Sieg erhält. Er benutzt dieses Bild, um die geistliche Disziplin und Hingabe zu beschreiben, die notwendig sind, um das christliche Leben erfolgreich zu führen. Paulus hebt hervor, dass er alles für das Evangelium tut, um Teilhaber an seinen Segnungen zu sein. Er vergleicht das christliche Leben mit einem Wettrennen, in dem jeder Läufer darauf abzielt, den Preis zu gewinnen. Doch im Gegensatz zu irdischen Wettbewerben, wo nur einer den Preis erhält, ist dieser 'himmlische Preis' für alle verfügbar, die ihr Leben nach Gottes Willen ausrichten und bis zum Ende durchhalten.
 

Wenn sich der Andachtstext nicht genau auf diesen Vers beziehen würde, wäre doch daran nichts auszusetzen Zum Erreichen des Ziels, in den Himmel zu kommen, ist nicht mehr nötig, als an den Sohn Gottes zu glauben (womit man sein Leben auf ihn gegründet hat).

Absolut, es wäre dann durchaus Spielraum für diese Interpretation gegeben. Allerdings würde ich die Formulierung in diesem Fall als unglücklich empfinden, da sie zu Unklarheiten führen könnte. Die einzige Bedingung, um vor Gott gerechtfertigt zu werden, ist der Glaube, und somit erfolgt sie aus Gnade, losgelöst von eigenen Werken und Verdiensten. Dennoch besteht die christliche Lebensführung und Nachfolge in Taten, Opfern und Dienst. Diese Aspekte dürfen jedoch nicht als Bedingungen für die Erlösung angesehen werden. Sie sind vielmehr eine Verpflichtung, die aus der Erlösung hervorgeht und dienen als Mittel, um Belohnungen im Himmel zu erlangen sowie um vor einem verheerenden Urteil vor dem Richterstuhl Christi bewahrt zu bleiben.
Ich schätze deine Fragen sehr. Sie spiegeln ein ermutigendes Phänomen wider. Obwohl das Performance-Evangelium weit verbreitet ist, erkennen die meisten Menschen intuitiv, dass die Erlösung 'aus Gnade durch den Glauben' erfolgt. Bedauerlicherweise predigen viele bekannte Prediger und Bibellehrer ein widersprüchliches Umsonst-Teuer-Evangelium, das mal als kostenlos und dann wieder als teuer dargestellt wird. Neben vielen Beispielen des wahren "kostenlosen Evangeliums", zeigte mal auch das "teure Evangelium" sein häßliches Gesicht.

By the way, neulich sagte eine Schwester, die Lehre von der Unverlierbarkeit des Heils sei eine falsche (sogar teuflische) Lehre

 

Diese Ansicht kann ich sogar um so mehr nachvollziehen, je weniger jemand eine robuste Lehre der ewigen Belohnungen (Misthologie) mitbringt. Im Leib Christi gibt es zwei Lager bzgl. dieser Thematik und auf beiden Seiten standen und stehen heute noch Männer Gottes, denen ich nicht das Wasser reichen kann. Ich würde mich hüten, solche scharfen Aussagen in diesem Zusammenhang zu äußern.

Man könnte den Spieß tatsächlich sehr leicht umdrehen:

 

Johannes 6,37–39 (ELB 2006)

37 Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen; 38 denn ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht dass ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat. 39 Dies aber ist der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich von allem, was er mir gegeben hat, nichts verliere, sondern es auferwecke am letzten Tag.

 

Den Willen Gottes nicht zu erfüllen,  ist Sünde. Wenn man sagt, dass der Herr Jesus jemanden verliert, der ihm vom Vater gegeben wurde, und er so den Willen Gottes für ihn nicht erfüllt hat, dann sagt man, dass der Herr Jesus gesündigt hat. 🫣 Wenn das nicht teuflisch ist, was dann? 

 

und heute bin ich prompt auf den ehemaligen Pastor Joshua Harris gestoßen, der sich leider nicht mehr als Christ bezeichnet. Bist du der Meinung, er ist quasi gegen seinen Willen trotzdem (weiterhin) gerettet? 

Ich wüsste nicht, was „gegen seinen Willen gerettet“ bedeuten sollte in diesem Zusammenhang. Heißt das, er glaubt tatsächlich an Himmel und Hölle und will ganz bewusst auf keinen Fall vor der Hölle gerettet werden? Wohl kaum. Es kann eigentlich nur bedeuten, dass er einem anderen Weltbild anhängt und einfach nicht (oder nicht mehr?) glaubt, dass es Himmel und Hölle gibt und aufgrund dessen will er weder das eine noch das andere aktiv und bewusst. Das kann dann aber nicht sinnvoller Weise als „gegen seinen Willen“ bezeichnet werden.
Bei Abgefallenen kann man nie wissen, ob sie jemals wirklich wiedergeboren waren oder es sich um Kinder Gottes handelt, die sich in einem Zustand der Rebellion befinden und einfach wie der verlorene Sohn, das Vaterhaus verlassen und in die Welt (zurück) gehen wollen oder sich wie die erlösten Israeliten wieder nach den Fleischtöpfen Ägyptens sehnten und die Sklaverei völlig vergessen hatten.
Die Bibel lehrt, dass JEDER Mensch weiß, dass es Gott gibt und ohne eine Entschuldigung ist für seine Gottesleugnung, dass Gottesleugner und Götzendiener aber diese Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten Röm 1,18-22).
Ich glaube, dass der Gedanke alles andere als abwegig ist, dass Christen auch die Fähigkeit haben, die Wahrheit niederzuhalten. 2Tim 2,24-26 zeigt, dass Christen unnüchtern und vom Teufel für seinen Willen gefangen werden können. Sie können die Reinigung von ihren früheren Sünden vergessen (2Petr 1,9). Ein Salomon kam sogar dahin, dass er Götzen opferte. Andere fallen dem Betrug des Reichtums zum Opfer. Und Paulus fürchtete selbst verwerflich werden zu können (1Kor 9,27). Seine Befürchtung für die Korinther war, dass sie tatsächlich wie Eva von der Schlange verführt werden könnten, so dass ihr Sinn (od. Denken) von der Einfalt und Lauterkeit gegenüber Christus abgewandt und sogar verdorben werden könnte und sie einen anderen Jesus, einen anderen Geist und ein anderes Evangelium annehmen könnten, weil sie falsche Lehrer ("Überapostel") in ihrer Mitte duldeten (2Kor 11,3-5).
Aufgrund dieser und anderer Aussagen und Warnungen sehe ich es als ganz natürlich, dass wirkliche Kinder Gottes lehrmäßig und moralisch in Abfall geraten könnten und entweder noch zu Lebzeiten zurückkommen, wenn Gott es schenkt, oder in diesem Zustand ihr Leben beenden. Das wird selbstverständlich schwerwiegende Konsequenzen haben, denn der Herr wird wiederkommen und einem jeden den Lohn entsprechend seinen Werken geben: 

2. Korinther 5,10 (ELB 2006)

10 Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder empfängt, was er durch den Leib vollbracht, dementsprechend, was er getan hat, es sei Gutes oder Böses. 

Das kann aber nichts daran ändern, dass jemand ein Kind Gottes ist, wenn er einmal wiedergeboren wurde. Ich sehe das als unumkehrbar, gerade so wie im natürlichen Bereich. Der verlorene Sohn - als Beispiel - konnte seine Geburt nicht rückgängig machen. Er konnte den Willen haben, das Vaterhaus zu verlassen und die Gemeinschaft mit seinem Vater, der offensichtlich ein äußert guter und liebender Vater war, für nichts erachten - das ja! Ob er letztendlich bei den Schweinen umkommt oder umkehrt, nichts ändert den Status seiner Sohnschaft.
Ich finde die ganze Thematik tatsächlich unglaublich simpel und biblisch betrachtet befreiend schlüssig, seitdem bei mir einige - wie ich finde - falsche, also unbiblische Grundannahmen gefallen sind.

Wie sieht das mit Bibelstellen aus, wie z.B. dass wir ausharren sollen bis ans Ende..? 

"Wer bis zum Ende ausharrt, wird gerettet werden." Sobald dir „retten“ oder „Rettung“ begegnet in der Bibel, muss deine nächste Frage sofort lauten: Rettung oder retten WOVOR/WOVON? Denn das griech. Wort "sozo" wird ziemlich breit benutzt für Rettung, Bewahrung und Hilfe und das in Kontexten, in denen es um Gesundheit, physisches Leben, ewiges Leben, Entlassung aus dem Gefängnis, Bewahrung vor einem negativen Urteil vor Gericht geht usw. Die Frage muss also vom unmittelbaren Kontext geklärt werden und wenn das nicht geht von thematisch gleichen oder verwanden Parallelpassagen.
Dieser Satz "Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird errettet werden" wird ebenfalls in Matthäus 24,13 verwendet und bezieht sich wahrscheinlich auf eine Verheißung der physischen Errettung aus den Prüfungen der Trübsal, die zum Eintritt in das Millennium und zur Besiedlung dieses Zeitalters führt. Ein paar Verse später sagt Jesus: "Wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Leben gerettet werden; aber um der Auserwählten willen werden jene Tage verkürzt werden" (24:22), was die Rettung in 24:13 als die Rettung des physischen Lebens vor den Schrecken der Trübsalszeit zu definieren scheint. Darüber hinaus definieren die beiden vorangehenden Verwendungen des "Endes" in den Versen 3 und 6 sowie der folgende Vers 14 "das Ende" als das Ende der Trübsal oder das Ende des Zeitalters und definieren die Rettung in einem physischen Sinne (Verse 9-13). (Es scheint, dass wir die heutige "geistliche" Deutung dieser Verse Augustinus zu verdanken haben.)

Ob auf Personen wie Joshua zutrifft 'wäre er einer von uns gewesen, wäre er bei uns geblieben'? Stichwort Dekonstruktion.

 

Wovon in 1Joh 2,19 die Rede ist, erklärt direkt der Vers davor:

 

1. Johannes 2,18–19 (ELB 2006)

18 Kinder, es ist die letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Antichristen aufgetreten; daher erkennen wir, dass es die letzte Stunde ist. 19 Von uns sind sie ausgegangen, aber sie waren nicht von uns; denn wenn sie von uns gewesen wären, würden sie wohl bei uns geblieben sein; aber sie blieben nicht, damit sie offenbar wurden, dass sie alle nicht von uns sind.

Johannes will hier nicht allgemein sagen, dass, wenn jemand vermeintlich vom Glauben abfällt, dann zeigt er dadurch, dass er nie wiedergeboren war. Von Vertretern der ewigen Heilsicherheit, zu denen ich mich ja selbst zähle, wird das als Belegstelle hierfür herangezogen. Diesen Vers habe ich auch in der Vergangenheit herangezogen, um das zu belegen. Johannes redet aber von einer ganz speziellen Gruppe von Menschen: Antichristen.

In dem Vers weist das Wort "uns" auf den apostolischen Kreis hin, zu dem Johannes gehörte. Das zeigt der unmittelbare Gegensatz zu „ihr“ in Vers 20:

 

Und ihr habt die Salbung von dem Heiligen und habt alle das Wissen.

 

Dieser Wir/Ihr-Kontrast (od. Uns-Euch) taucht zum ersten Mal im Prolog selbst auf (1. Johannes 1,1-3):

 

Was von Anfang an war, was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben vom Wort des Lebens – und das Leben ist offenbart worden, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das ewige Leben, das bei dem Vater war und uns offenbart worden ist –, was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und zwar ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus.

 

Und noch einmal deutlich in 1. Joh 4,4-6:

 

Ihr seid aus Gott, Kinder, und habt sie überwunden, weil der, welcher in euch ist, größer ist als der, welcher in der Welt ist. Sie sind aus der Welt, deswegen reden sie aus dem Geist der Welt, und die Welt hört sie. Wir sind aus Gott; wer Gott erkennt, hört uns; wer nicht aus Gott ist, hört uns nicht. Hieraus erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums. 

Im letztgenannten Abschnitt bezieht sich das "sie" (1. Johannes 4,5) auf die Antichristen, wie auch hier in 1. Johannes 2,19.
Die falschen Propheten hatten sich also aus der apostolischen Gemeinschaft zurückgezogen, was wahrscheinlich bedeutet, dass sie einst Teil der palästinensischen Gemeinde gewesen waren. Jerusalem und Judäa hatten lange Zeit den direkten apostolischen Einfluss und die Autorität. Aber Wurzeln wie diese konnten ihren Lehren eine Aura der Seriosität verleihen, die eine gefährliche Wirkung auf die Leserschaft haben konnte, zu der sie gekommen waren. In dieser Hinsicht hatten diese Leute etwas mit den Gesetzesverfechtern aus Apg 15,1 gemeinsam, denn die Gesetzesverfechter kamen ebenfalls aus Judäa nach Antiochien: 

Und einige kamen von Judäa herab und lehrten die Brüder: Wenn ihr nicht beschnitten worden seid nach der Weise Moses, so könnt ihr nicht gerettet werden.

 

Der Jerusalemer Rat leugnete jede Verbindung zu ihnen (Apg 15,24), genauso wie Johannes es hier tut:

 

Weil wir gehört haben, dass einige, die aus unserer Mitte hervorgegangen sind, euch mit Worten beunruhigt und eure Seelen verstört haben – denen wir keine Befehle gegeben haben –,

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